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Unsere Stadt soll schöner werden

Mal Hand aufs Herz. Im Urlaub ticken wir doch irgendwie anders. Wir sehen Dinge viel entspannter und verändern womöglich unsere Perspektiven: Fassaden, von denen der Putz abbröselt, erscheinen wie malerische Kleinode. Kunterbunt verlegte Stromleitungen gelten als kreative Handwerkskunst. Holpriges und glänzend abgenutztes Kopfsteinpflaster motiviert unsere fußläufige Achtsamkeit - Unebenheiten bügeln wir mit Leichtigkeit des Ganges einfach weg. Flanieren obendrein vierbeinige Mitbewohner durch die Gassen, werden nicht selten diese picturesque anmutenden Motive unzählige Male per Smartphone in die digitalen `Neid-Erzeugungs-Kanäle` dieser Welt gepostet. Nein, wie entzückend.

 

Wieder daheim wird die rosarote Brille eingemottet. Endlich ist der Blick wieder frei auf die reale Welt mit all ihren hässlichen Attributen: Auf renovierungsbedürftige Häuser, verschmutzte Straßenzüge und Schlaglöcher, die wie offene Wunden klaffen. Das alles lässt unsere Stimmung zum Siedepunkt temperieren und entlädt sich in unzähligen Beweisfotos, die an Rasterfahndungen erinnern. Dazu Shitstorms, traditionelle Leserbriefe und defätistische Gesprächsrunden, die ein wahres Nörgeltum kultivieren. Der Fingerzeig auf andere war schon immer leicht. Können wir oftmals nicht rascher und sogar kostenschonender die Zustände unserer Lebensräume selbst optimieren? Sind es nicht schon Kleinigkeiten, zwischen- menschlichen Gesten, die unser Leben so lebens- und liebenswert machen? Es liegt doch in unseren Händen. Oder besser gesagt in unserem Kopf.

 

Also, reset und neu programmieren: Früh morgens weniger depressiven Gedanken aufkommen lassen, den Tag mit positiven Wörtern begrüßen, im Badezimmer ins lächelnde oder gar grinsende Spiegelbild schauen. Das erzeugt bis in den Tag hinein Ausschüttungen von Glückshormonen. Auf der Fahrt zur Arbeit keine Verbalinjurien rausbrüllen, defensiver fahren und gern mal auf die Vorfahrt verzichten oder auf den gedanklich bereits annektierten Parkplatz. Spontaner Handgruß als Dankesgeste für Verkehrsteilnehmer, die sich vorbildlich verhalten. In Bus und Bahn das Fahr-personal nicht grimmig, sondern freudig begrüßen. Worte wie Danke oder Bitte hörbar artikulieren, die Tür aufhalten und den Stuhl zurechtrücken. Klingt alles banal. Ist es auch. Und es ist genau diese Haltung, die ein wertschätzendes Miteinander schafft.

 

Manchmal entwickeln sich daraus sogar sinnvolle Projekte. Stichwort: Bürgerschaftlichen Engagement - exemplarische Beispiele: Der Verein Freischwimmer e.V. erweckt das seit Jahren brachliegende architektonisches Juwel Stadtbad Neusser Straße aus dem Dornröschenschlaf. Die Montagsstiftung haucht einer alten Samtweberei und damit einhergehend einem ganzen Stadtviertel in Folge neues Leben ein. Musikevents setzen neue Impulse am `Brennpunkt Theaterplatz` und ziehen neues Publikum an. Viele Freiwillige organisieren regelmäßig ein „Guerillapicking Uerdingen“ und säubern die Rheinpromenade nur mit bloßen Händen.

 

Anstrengungen, die sich lohnen. Für einen Lebensraum, der dann die ersehnte Urlaubs-Wohlfühl-Atmosphäre entfaltet. Jeder ist herzlich eingeladen. In dem Sinne: „Grüß Gott, miteinander!“

 

Peter Lengwenings

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